Feine Linien

Das IFUB* – Institut für u. Baukunst – baut an einer Bau-, System- und Gesellschaftswende. Weg von einem fast schon pathologischen Fokus auf Kapitalvermehrung hin zu einer Gemeinwohlvermehrung, lautet der allgemeine Konsens des Zusammenschlusses aus Architekten und Innenarchitekten mit Standorten in München und Berlin. Dass diese Haltung ungemein ergiebige Synergien entstehen lassen kann, weiß Architekt Bernhard Kurz, der das Projekt „Hausfuchs“ zusammen mit seinen Institutskollegen Johannes Krohne, Marco Bross und Moritz Penker leitete. Wir sprachen mit ihm über die Kehrseiten der Bauindustrie und ein besonderes Doppelhaus mit feinen weißen Aluminium-Dächern in Vaterstetten nahe München.

Seitlicher, straßenseitiger Blick auf das Doppelhaus "Hausfuchs", weiße PREFA Dächer mit Prefalz-Bahnen, unregelmäßige Fenster, IFUB*

Blick von der Straße auf das Doppelhaus

Gruppenbild von IFUB*, darauf zu sehen ist Architekt Bernhard Kurz und sein Team.

Architekt Bernhard Kurz (dritter von rechts) und Team

Unwiderstehlich, unkompliziert, unbeschwert ...

„Das ‚u.‘ in unserem Büronamen hat eine ungewöhnliche Geschichte“, lässt Bernhard Kurz durchblicken. „Wir hatten uns lange vor unserer Bürogründung spaßhalber ‚Institut für unwirtschaftliches Bauen‘ ausgedacht, nicht, weil wir suggerieren wollten, dass wir nicht auch günstig bauen, sondern weil wir schlichtweg davon genervt waren, wie die Bauindustrie funktioniert.“ Gemeint sei hier, es werde eigentlich nur über Kosten diskutiert, kaum über Qualitäten, Nachhaltigkeit, Raum. Mit der Gründung des Instituts integrierte man das „u.“ schlussendlich in den Namen und kreierte so bewusst Raum für Interpretation, denn je nach Projekt wandelt sich auch die Bedeutung des abgekürzten Wortes: von urban zu unglaublich, von unkonventionell zu unerschütterlich, von unwiderstehlich zu unvergesslich, und, und, und ...

„Institut“ nennen sie sich schlichtweg, um ihren kollaborativen Ansatz zum Ausdruck zu bringen: „Wir sind ein Institut und heißen absichtlich nicht Nachname + Nachname Architekten, weil wir denken, dass ein Projekt nur so gut ist wie alle, die daran beteiligt sind – ganz gleich, von wem der erste Strich oder die Idee stammt.“

Seitliche Sicht auf die Rückseite des Doppelhauses eingerahmt von einem Baum, grüner Rasen, Holzfassade, unregelmäßige Alu-Dachlandschaft

Mit den Prefalz Dächern entsteht eine erfrischend helle, unregelmäßig gezackte Dachlandschaft.

Nachgebaute Erinnerung

Beim Doppelhaus „Hausfuchs“ reichte eine Idee bis weit vor die Existenz von IFUB* zurück, in die Familiengeschichte von Bernhard Kurz und fand dort Inspiration. Sie ist der Grund dafür, weshalb heute ein metallener Fuchs mit Waldkulisse die unbehandelte Lärchenholzschalung an einer der giebelständigen Fassaden ziert. „Das Grundstück hat mein Großvater 1957 erworben. Meine Großmutter hat sehr gerne gezeichnet und diese Skizze des Fuchses gemacht, die mein Großvater dann aus Metall nachgebaut hat – er war Metallverarbeiter, müssen Sie wissen. Und somit hing der Fuchs auf dem 1959 erbauten Haus“, erzählt der Architekt.

Querschnitt des Doppelhauses

Querschnitt der Häuser

Zickzack in Weiß

Über viele Jahre hinweg zerwohnt und zerlebt, entschied sich das Team von IFUB* auch aufgrund der Baufehler des Hauses für seinen Abriss und für den Bau von zwei Einfamilienhäusern an seiner Stelle. Das Ergebnis: Ein ruhiges, klar ablesbares Wohnhaus-Ensemble mit schräg gegeneinander ausgerichteten Holzschalungen, unregelmäßig gesetzte Fenster verleihen den Stirnseiten einen verspielten Touch. Das IFUB* hat hier eine schlicht-elegante Architektursprache erzeugt, die sich in den Garagen und selbst in den Müllhäuschen konsequent fortführt, komplettiert vom „weißen Zickzack“ der Satteldächer: „Das Dachmaterial musste schon etwas Spezielles sein!“, erinnert sich Architekt Kurz, „und PREFA Aluminium konnten wir im Dachbereich als gestalterisches Element einsetzen. Primär-Aluminium ist zwar aufgrund seiner energieintensiven Produktion nicht unproblematisch, aber es lässt sich sehr gut recyceln und ist einfach eine der langlebigsten Dacheindeckungen, und für uns war das auschlaggebend.“

So unterschiedlich die beiden Parteien der Häuser sind, so vielschichtig gestalten sich auch die Innenräume. Im Interieur des Haus West, zum Beispiel, führt sich das farbliche Zusammenspiel aus Holz und weißem Aluminium in veränderter Konstellation fort: in den weißen Wänden und im Fischgrätenparkett in Eiche, der Sichtholzdecke aus Fichte.

Seitliche Straßenansicht Hausfuchs mit Blick auf die unregelmäßige Dachlandschaft, Fassade mit Lärchenholzschalung, Müllhäuschen

Sicht auf die giebelständigen Fassaden – das Design zieht sich selbst in den Müllhäuschen fort.

Interieur Haus West, farbliches Zusammenspiel: weiße Wände, Fischgrätenparkett in Eiche, Sichtholzdecke aus Fichte.

Interieur Haus West

Nicht(neu)bauen

BK: „Bei ‚Hausfuchs‘ war ein Neubau notwendig, das steht außer Frage. Als Architekten sollten wir aber allgemein dazu Stellung nehmen, dass die Baubranche 40% der CO2 Emissionen verursacht, 50% des Mülls, und dass sie dem Boden 90% seiner mineralischen Ressourcen entreißt. Das führt uns einfach vor Augen, dass wir auf dem falschen Weg sind. Hier rede ich noch nicht einmal von Versiegelung, das ist ein ganz eigenes, gewichtiges Thema. Wir müssen uns generell fragen: Sind wir wirklich auf dem richtigen Weg? Eigentlich bräuchten wir nicht neu zu bauen, und ich sage bewusst ‚neu zu bauen‘, weil wir müssen ja umnutzen, sanieren, einen Gebäudebestand zurückbauen und so weiter. Wenn ich ehrlich bin, würde ich am liebsten nur noch sanieren. Das Bewusstsein, dass Bauen so schädlich ist, ist in der Gesellschaft noch überhaupt nicht angekommen“, zeigt sich Bernhard Kurz kritisch und verweist auf das IFUB* Handbuch zum gemeinwohlorientierten Bauen, in dem diese und weitere Themen in zehn Leitlinien thematisiert werden.

Das IFUB* blickt in die Zukunft ...

... und sieht, dass der momentane Fokus auf Kapitalvermehrung in der Bauindustrie nicht der richtige ist und früher oder später zu einem Kollaps führen wird. Das Architektenteam wünscht sich, dass sich auch andere stattdessen verstärkt für eine Gemeinwohlvermehrung einsetzen, wirtschaftlich zu arbeiten sei schließlich auch so möglich. „Wir sind auch stolz auf unseren Gemeinwohlbericht, den wir vergangenes Jahr erstellt haben“, betont der Architekt. Das klingt nach einer klaren Richtung, von der sich das IFUB* nicht abbringen lässt.

Doppelhaus "Hausfuchs" - Details

Land:

Deutschland

Objekt, Ort:

Doppelhaus, Vaterstetten

Kategorie:

Neubau

Architektur:

IFUB* - Institut für u. Baukunst 

Verarbeiter:

Sharuk Spenglerei und Dachdeckerei GmbH

Material:

Prefalz

Farbe:

P.10 Prefaweiß

Weitere Infos:

  • Interview: Anneliese Heinisch
  • Text: Anneliese Heinisch
  • Fotos: © Sorin Morar
  • Plan: © IFUB*